Ein Genuss in der "Stillen Zeit"

Der Jugendchor Schleiz beendete seine diesjährige Konzertreihe „Eine kleine Chormusik“ mit einer "Geistlichen Abendmusik zur Stillen Zeit" im Gemeindezentrum Schleiz. In den Chorälen, Instrumentalstücken und Wortbeiträgen beschrieben die Jugendlichen schwer(st)e und dramatisch(st)e Lebenssituationen. Eine nachdenkliche Atmosphäre lag über diesem Konzert zur sogenannten "Stillen Zeit", dem Abschluss des Kirchenjahres.

Bereits die Begrüßungsworte von Bischof Ralph Wittich an die über 200 Konzertbesucher machten deutlich, dass ein Rückzug in die Stille neue Kraft und Dynamik hervorbringen kann. Dies sollte für Christen, die Nächstenliebe und Fürbitte als ihre Aufgaben ansehen, von besonderer Bedeutung sein. Er betonte weiterhin, dass von diesem Konzert - durchgeführt am Vorabend des für neuapostolische Christen besonderen Gottesdienstes für Entschlafene - Impulse ausgehen mögen.

Aufgrund der Fülle der Konzerteindrücke wird an dieser Stelle nur auszugsweise aus dem zum Nachdenken anregenden musikalischen Hörgenuss berichtet. Die Wortbeiträge vor den Vertonungen bezogen sich jeweils auf die Hintergründe der nachfolgenden Lied- oder Instrumentalvorträge.

...aus dem Konzertprogramm:

Die sprachbehinderte, oft ausgegrenzte und ausgelachte Marie Schmalenbach zog sich in ihrem Leben zunehmend zurück und dichtete. Den von ihr verfassten und von Alfred Stier vertonten Gedichttext Brich herein, süßer Schein hatte sie besonders gemocht.

Johann Sebastian Bach, der seine erste Frau Maria Barbara und 11 seiner 20 Kinder in die Ewigkeit abgeben musste, fand Trost in seiner Musik. Insbesondere der von ihm komponierte Choral Gott ist und bleibt getreu ist ein beredtes Zeugnis hierfür: „...und läßt nach trüber Nacht die Freudensonne scheinen." Davon war er überzeugt und das richtete ihn in schweren Zeiten immer wieder auf.

Mit dem Klavier- und Violinenvortrag der Melody in F erinnerten die jungen Musiker an den berühmten, stets heimatsuchenden Pianisten und Dirigenten Anton Rubinstein, der in den letzten zehn Jahren seines Lebens aufgrund von Schicksalsschlägen unter schweren Depressionen litt.

Ein weiteres Beispiel für besondere Lebenssituationen konnten die Konzertbesucher dem Bericht des Sklaven Tom entnehmen, der als junger Mann bereits aus dem Leben schied: Noch vor seinem Tod erfuhr er vom Weiterleben und besseren Zeiten, wobei das Lied Swing low sweet chariot eine wesentliche Rolle spielte. Ein alter Mann sang es oftmals abends vor der Hütte.

Ausdrucksstark, aufrüttelnd, fast dramatisch bittend, aber mit sanftem Choralschluss trugen die Jugendlichen unter der bewährten musikalischen Leitung ihres Dirigenten Stefan Kothner das Lied Ich brauch dich allezeit von Robert Lowry vor.

Im weiteren Konzertverlauf wurde - stellvertretend für die zahlreichen unerlösten Entschlafenen - der Opfer gedacht, die auf der Titanic bzw. in den Konzertrationslagern Ravensbrück und Auschwitz ihr Leben lassen mussten. Darüber hinaus richteten die Musizierenden ihr Augenmerk darauf, dass ebenfalls die Täter, deren Namen u. a. auch heute noch Erschrecken hervorrufen, in die Fürbitte mit einbezogen werden sollten: Mit den Wortbeiträgen zu den Chorälen Ich hab dich je und je geliebt sowie Erquicke mich mit deinem Licht wurde die Frage in den Raum gestellt, ob nicht Gottes Liebe auch für Täter ausreicht?! Die letzten und zugleich zusammenfassenden Worte lauteten: "Kannst du nicht auch für mich beten?" Damit waren die Anwesenden angesprochen.

In diesem Konzert konnte man erleben, dass Pausen ebenso Musik sind: Mit andächtiger Ruhe gingen die Sänger aus dem Kirchenraum. Erst nach vielen Minuten der absoluten Stille folgten ihnen die Konzertbesucher.

Text/Fotos: U.S.